Sonntag, 19. Oktober 2025

Beitrag Themenwoche Radio Basilisk 20. - 25. Oktober (Redaktionsschwarm)

„Ich bin – nicht sprachlos“

 

Wer nicht sprechen kann, ist dumm. Das denken immer noch viele, die es können und sie irren

Textbeitrag der «Idiotenspeaker» Jaime Garcia, Christian Kaspar und Yannik Striebel. Geschrieben mit UK

 

«Hallo liebe Leute, die zuhören! Wir sind drei Menschen im Autismus-Spektrum, und Sie hören unsere Worte – aber nicht von uns. Radio ist ein Hör-Medium, und wir können nicht sprechen, nur tippen und schreiben. Zudem ziemlich langsam. Das wäre also sehr ruhig gerade, was bei Ihnen aus dem Lautsprecher käme, wenn wir im Studio vor dem Mikrofon sässen – und verdammt langweilig.

Langweilen ist jedoch sehr schlecht, wenn man die Mehrheitsgesellschaft für die Belange und die Realität von Minderheiten wie uns interessieren will: Menschen mit Behinderung, die nicht mit dem Mund sprechen.

Wer nicht sprechen kann, ist dumm. Das denken immer noch viele, die es können. Sie würden es nicht im Radio sagen, nur auf Social Media. Man darf ja nichts mehr sagen bei all der Woke Kultur. Doch sie denken es und handeln danach.

Aber nur weil man selbständig Wörter mit Lippen, Luft und Zunge produziert, ist man nicht automatisch intelligent. Sonst würde nicht so viel ignoranter Müll gelabert. Wenn es für alle so anstrengend wäre wie für uns, mit Worten und Sätzen etwas zu äussern, würden sich viele besser überlegen, was sie sagen – und wie.

Bei uns sind Körper und Hirn total schlecht koordiniert und verbunden. Der Körper macht nur mit ganz viel Übung, Konzentrieren und Assistenz das, was das denkende Hirn will, weiss und kann. Innen Starquality, aussen Shitshow sozusagen. Leider sehen alle anderen nur die Shitshow, und viele denken dann, innen im Hirn geht es genauso ab. Und da die meisten Menschen keine UK können – auch die meisten Betreuenden –, können wir diesen falschen Eindruck auch selten korrigieren.

UK – Unterstützte Kommunikation – ist übrigens eine grosse Ansammlung von Hilfestellungen, Hilfsmitteln, Zeichenformen und Gesprächsstrategien, die Menschen mit unterschiedlichen Äusserungsarten nutzen, um eine gemeinsame Sprach- und Kommunikationsebene zu finden. Also zum Beispiel Sie als Lautsprecher und wir als Fingerzeiger mit Koordinationsproblemen. Dafür müsste man sich natürlich gegenseitig zutrauen, dass die jeweils anderen etwas Interessantes und Relevantes zu sagen haben.

Also bei uns liegt das Problem diesbezüglich nicht. Wir trauen auch neurotypischen Lautsprechern vieles zu. Wir schliessen nicht automatisch von unlogischem Verhalten auf mangelnde Denkfähigkeit oder Empathie.

Wenn Sie also nicht dauernd falsche Schlüsse ziehen wollen über Menschen, die nicht wie Sie sprechen und sich nicht wie Sie verhalten, die vielleicht Assistenz oder ein Hilfsmittel brauchen, sprechen Sie nicht mit Ärzten und Apothekern, sprechen Sie mit uns. Lernen Sie uns kennen. Lernen Sie UK.

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